Ein Blutgerinnsel verstopft eine Ader im Gehirn – im Falle eines ischämischen Schlaganfalls zählt jede Sekunde. Die Wiederherstellung der Durchblutung mithilfe eines Katheters, die sogenannte mechanische Thrombektomie, ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Dabei entsteht eine Fülle von Patientendaten, die sorgfältig dokumentiert und in verschiedene Register übertragen werden müssen. Dr. Nils Lehnen vom Universitätsklinikum Bonn (UKB) setzt nun auf künstliche Intelligenz: Wie seine in der Fachzeitschrift „RADIOLOGY“ publizierte Studie zeigt, könnte ChatGPT diese Datenerfassung revolutionieren.
Schneller, zuverlässiger, fehlerfrei?
Wann traf der Patient ein? Wann wurde das CT gemacht? Die Protokollierung der Thrombektomie ist ein mühsamer, fehleranfälliger Prozess. „Deshalb haben wir uns gefragt, ob eine KI wie ChatGPT diese Arbeit nicht schneller und präziser erledigen könnte“, so Dr. Lehnen. ChatGPTs Potenzial – von der Befundvereinfachung bis zur Patientenkommunikation – wird in der Radiologie bereits intensiv erforscht. Ob die KI jedoch komplexe Behandlungsdaten korrekt extrahieren kann, war bisher unklar.
ChatGPT im Test
Lehnens Team entwickelte ein deutschsprachiges Eingabeformat für ChatGPT und erprobte es zunächst an 20 Fallberichten. Fehler wurden analysiert und das Format optimiert. In der Hauptstudie extrahierte ChatGPT aus 100 internen UKB-Berichten 94% der Datenpunkte korrekt, ganz ohne Nachbearbeitung. Ein erfahrener Neuroradiologe erstellte Vergleichsdaten. Nur bei perfekter Übereinstimmung galten ChatGPTs Einträge als richtig – geringste Abweichungen wurden als Fehler gewertet. Diese Strenge zahlte sich aus: Selbst bei 30 externen Berichten lag ChatGPTs Trefferquote noch bei hervorragenden 90 %.
Fazit: Vielversprechender Ansatz
Natürlich ist das nur der Anfang. Folgestudien und die Einbettung dieser Methode in den Klinikalltag sind unerlässlich. ChatGPT könnte Mediziner jedoch spürbar entlasten, Behandlungsstandards verbessern, und – mit Blick auf KI-Skepsis in der Medizin – sogar Vertrauen in neue Technologien stärken.
